Hallo,
ich schreibe Ihnen, um über Lissy zu berichten, die wir vor einem halben Jahr aus dem Tierheim Köln-Dellbrück übernommen haben.
Sie heißt jetzt Emily und sie ist sehr ungewöhnlich. Wir wussten ja, dass sie sehr scheu ist, und sich in den zwei Jahren, die sie bei Ihnen war, nicht anfassen ließ. Deswegen haben wir auch besondere Maßnahmen ergriffen, um sie hier bei uns einzugewöhnen.
Um sicherzustellen, dass sie genug zu essen bekäme (wir haben noch zwei weitere Katzen), haben wir ihr zuerst ein Quartier in zwei abgeteilten Zimmern eingerichtet. Sie hat sich ein Plätzchen unter dem Bett gesucht und dort die ersten zwei oder drei Monate bei uns verbracht! In der ersten Woche hat sie überhaupt nichts gefressen. Wir haben immer wieder ihre Futterschüssel gewogen und standen in ständigem Kontakt mit unserem Tierarzt. Schließlich begann sie nachts unter dem Bett hervorzukommen und ein wenig zu fressen. Leichtes Anwärmen des Dosenfutters war der Trick. So duftete es anscheinend verlockend genug, um aus dem Versteck herauszukommen. (Sie hatte tagsüber das Zimmer für sich allein, blieb aber dennoch unter dem Bett, egal, welches Futter wir hinstellten.)
Emily hatte dann eine Phase, wo sie immer schneller unter dem Bett hervorkam, sobald das Licht in der Wohnung gelöscht wurde. Nachts verhielt sie sich wie eine normale Katze, streifte durch die Räume, kratzte an Sachen, spielte mit Stiften, was Katzen halt so tun. Nur tags bekam man sie nicht zu sehen. Wir haben die Tür zur restlichen Wohnung dann geöffnet, sie begann sich nachts auch in andere Räume zu bewegen, aber davon waren die anderen beiden Katzen nicht begeistert. Bis heute gehen sich Emily auf der einen Seite und die beiden Katzen auf der anderen Seite aus dem Weg. Sie beobachten sich allerdings oft im Flur - die eine am einen Ende, die andere am anderen.
Mittlerweile zeigt sich Emily auch oft tagsüber. Sie liegt auf der Fensterbank, auf einem Katzenkissen, oder sie schleicht einem hinterher, wenn man ins Bad geht. Ihr Revier sind zwei Zimmer, das Bad und der halbe Flur. Man kann sich ihr bis auf etwa einen Meter nähern, dann läuft sie weg. Sie schaut uns oft kurz zu, was wir machen. Wenn man ihr eine Katzenknabberstange anbietet, holt sie sich diese und läuft dann schnell dahin zurück, wo sie herkam, um die Stange zu fressen. Wir haben noch nie versucht, sie zu streicheln oder gar zu fangen.
Ihre Futterschüssel \"wandert\" jetzt im 5-cm-Takt Richtung Küche, wo die anderen beiden Katzen fressen. In ein paar Monaten wird sie dort angekommen sein.
Wir sind uns relativ sicher, dass sie schwerhörig oder taub ist oder eine Reizverarbeitungsstörung hat. Auf Geräusche reagiert sie so gut wie nicht und die Ohren haben immer die gleiche Haltung. Oft kommt sie zwar in unsere Nähe, schenkt uns dann aber keine Beachtung. Sie ist wie gesagt sehr merkwürdig. Sie ist auf ihre Art und Weise aber sehr faszinierend und es ist angenehm, sie bei sich zu haben. Wir freuen uns über jeden Fortschritt, den sie macht.